16.08.2024

Gesellschaft

Lausitzer Platz Berlin: Nachbarschaftstreffpunkt und Klimaschutz

Wie eine Stadtterrasse sollen die Freiflächen auf dem neu gestalteten Lausitzer Platz mehr Raum für die Nachbarschaft und das Alltagsleben bieten. Copyright: Adrian Calitz
Wie eine Stadtterrasse sollen die Freiflächen auf dem neu gestalteten Lausitzer Platz mehr Raum für die Nachbarschaft und das Alltagsleben bieten. Copyright: Adrian Calitz

Die Gegend rund um den Görlitzer Bahnhof in Berlin ist vor allem für den Drogenhandel, für Müllberge und einen turbulenten Alltag bekannt. Am Lausitzer Platz, wenige Schritte vom Bahnhof entfernt, soll sich dies nun ändern: WES LandschaftsArchitektur hat den 1. Preis in einem landschaftsplanerischen Wettbewerb gewonnen und plant, den Park klimafit zu machen.

Der Lausitzer Platz liegt in der Berliner Luisenstadt, die durch eine gründerzeitliche Blockrandbebauung geprägt ist. Mit der Emmaus-Kirche erhält der Platz seine Nord-Süd-Ausrichtung und Sichtbarkeit. Aktuell ist der Platz weder sicher noch schön: Er dient in Teilen als inoffizielle Müllkippe und wird unter anderem von Junkies frequentiert. Zugleich gibt es aber einen hohen Nutzungsdruck.

WES LandschaftsArchitektur schlägt nun vor, die Parkmitte zu begrünen und neu zu gliedern. Auf Basis der historischen Parkwege und der bestehenden Trampelpfade sowie in Absprache mit den Anwohner*innen sollen neue Treffpunkte entstehen. Außerdem ist ein System zur Regenwasserversickerung geplant, um eine grüne und erfrischende Oase zu schaffen. Auch eine temporäre Wasserfläche, die alternativ als Tanzbühne oder Spielfläche dient, gehört zum Siegerentwurf.


Vielfältige Angebote für den Lausitzer Platz

Ende April 2024 entschied die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gemeinsam mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg den Wettbewerb zur Freiraumgestaltung des Lausitzer Platzes. Das Ziel des zweiphasigen Wettbewerbs bestand darin, mehr Grün für die Umgebung zu bieten und zugleich die Funktion des Platzes als Treffpunkt, Spielort und schattige Grünfläche wiederherzustellen. Entwürfe sollten vorschlagen, wie sich der Lausitzer Platz für die Folgen der Klimakrise wappnen und zugleich zur Entspannung einladen könnte.

Schon ab 2021 lud die Senatsverwaltung die Öffentlichkeit dazu ein, am Umgestaltungsprozess des Platzes teilzunehmen. So wurden auch die Wettbewerbsideen zwei Mal ausgestellt, um Möglichkeiten zur Diskussion und für Feedback zu geben. Insgesamt gab es 13 Beiträge. Am 24. April 2024 entschied das siebenköpfige Preisgericht die folgende Siegertreppe:

Nun liegt das Ergebnis nach der Bewertung von 13 eingereichten Beiträgen in einer

  • 1. Preis: WES LandschaftsArchitektur PartG mbB, Berlin, 23.000 Euro
  • 2. Preis: bbz landschaftsarchitekten berlin gmbh, Berlin, 14.500 Euro
  • 3. Preis: bgmr Landschaftsarchitekten GmbH, Berlin, 8.500 Euro
  • Zusätzlich zwei Anerkennungen in Höhe von jeweils 5.500 Euro

Die Jury lobte den Siegerentwurf dafür, die vielfältigen Ansprüche an den Lausitzer Platz zu berücksichtigen und eine robuste, neue Vision zu bieten. Diese Arbeit könnte die aktuellen Probleme des Platzes lösen und neue Entwicklungschancen eröffnen.

Der Vorschlag für den Lausitzer Platz sieht ein soziales Zentrum mit ruhigeren Platzrändern vor. Copyright WES Landschaftsarchitektur
Der Vorschlag für den Lausitzer Platz sieht ein soziales Zentrum mit ruhigeren Platzrändern vor. Copyright WES Landschaftsarchitektur

100% Versickerung von Regenwasser

Gemeinsam mit Landschaftsarchitekt Hans-Hermann Krafft plant WES LandschaftsArchitektur, einen urbanen Ort im Übergang zur Skalitzer Straße und zum Görlitzer Park zu schaffen. Der neu gestaltete Platz soll mehr Raum für vielseitige und nachhaltige Aktivitäten sowie für Erholung bieten. Dabei stehen die Bedürfnisse der Gemeinschaft und die Herausforderungen der Klimakrise im Zentrum. Um dem hohen Nutzungsdruck gerecht zu werden und die Bedürfnisse der Anwohner*innen zu verstehen, gab es eine temporäre gemeinsame Gestaltung, die bereits zeigt, wie viele verschiedene Menschen den Platz gemeinsam genießen.

Eine großzügige Zonierung soll künftig sowohl Spielbereiche als auch Ruhezonen auf dem Platz schaffen. Durch eine lebendige Lichtung, einen Kreuzungspunkt der Verbindungswege sowie in Kombination mit dem Angebot der Emmauskirche wird der Charakter als soziales Zentrum weiter gestärkt. Die Platzränder sollen ruhiger sein und somit die dichte Wohnbebauung vor Lärmbelästigung schützen. WES schlägt auch einen neuen Ballfangzaun für den Fußballplatz und neue Freizeitangebote wie Tischtennis und Parkour vor. Neue Bänke und Tische bieten Platz für konsumfreie Treffen.

Besonders Augenmerk legten die Landschaftsarchitekt*innen auf nachhaltige Gestaltungselemente für den Lausitzer Platz. Dazu gehört die Integration vorhandener Grünflächen und Bäume. Aber auch die Nutzung umweltfreundlicher Materialien sowie Maßnahmen zur 100-%igen Versickerung von Regenwasser zeichnen den Entwurf aus, von Sickerflächen bis hin zu überschwemmungstoleranten Pflanzen, Schotterschichten und durchlässige Natursteinpflaster. Ein grüner Rahmen soll die lebhafte Mitte des Platzes umfassen. Dank niedriger, etwa 120 cm hohen Strauchpflanzungen sollen die Wiesenflächen bei Regen vor dem Überlaufen geschützt werden. Die Auswahl der Pflanzen berücksichtigt Futter- und Nistangebote für Vögel und Insekten. Und ein kühlender Nebelbrunnen vor dem Eingang zur Kirche mit einer flachen, hellen Betonfläche dient als Bühne und Ort der Erfrischung.

Vor der Kirche soll eine Fläche mit Nebelbrunnen entstehen, die sowohl als Bühne als auch als Spielplatz dient und zusätzlich Erfrischung bietet. Copyright: Adrian Calitz
Vor der Kirche soll eine Fläche mit Nebelbrunnen entstehen, die sowohl als Bühne als auch als Spielplatz dient und zusätzlich Erfrischung bietet. Copyright: Adrian Calitz

Treffpunkt für die Nachbarschaft oder für Besuchende?

Die Debatte um das Projekt im Herzen von Berlin-Kreuzberg zog sich über mehrere Jahre hin. Nun steht die Simulation des Siegerentwurfs, in den auch viele Anmerkungen aus dem Prozess der Bürgerbeteiligung einflossen. Dennoch gab es Kritik aus der Nachbarschaft, unter anderem an dem Preisschild des Projektes von mehreren Millionen – und das in einer Gegend, wo nur wenige Meter entfernt unter der U-Bahn-Trasse Obdachlosigkeit herrscht und wo im Görlitzer Park nach wie vor der Drogenhandel floriert.

Laut WES LandschaftsArchitekten bietet der Lausitzer Platz bereits vielfältige Möglichkeiten. Der Entwurf stärkt diese nachhaltig und macht die Umgebung fit für die Zukunft. Derzeit ist der Lausitzer Platz hoch versiegelt und vegetativ kaputt, also kaum zukunftstauglich. Ein großer Anteil der Investition fließt in die Klimaresilienz, die letztendlich der Nachbarschaft zugutekommen wird. Um der Kritik gerecht zu werden, die sich teils auch an die hohe Anzahl an Tourist*innen richtet, war die Bürgerbeteiligung für dieses Projekt besonders wichtig. Der Entwurf geht auf die nachvollziehbaren Wünsche der Anwohner*innen ein, um einen Platz für die ganze Nachbarschaft zu schaffen.

Die Umsetzung ist ab dem Jahr 2025 geplant. Bis dahin können sich noch Details in dem Entwurf ändern. Nennenswert ist insbesondere der innovative Ansatz zur Regenwasserversickerung, der den Lausitzer Platz klimafest machen wird.

Weiterlesen: Unter dem U-Bahn-Viadukt der Berliner U1 soll eine Radbahn entstehen, die auch durch Kreuzberg führen wird.

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